„Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy” oder kurz CBASP (nach J. McCullough) ist ein Therapieansatz im Rahmen der dritten Welle der Verhaltenstherapie, der konzeptionell bereits in den 80er Jahren in den USA entstand und seit einigen Jahren auch vermehrt in Deutschland zur Behandlung chronisch depressiven Patienten angewendet wird. McCullough verbindet in CBASP verschiedene lerntheoretische, kognitive und interpersonelle Strategien. Als Annahme zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer chronischen depressiven Erkrankung bezieht sich McCullough u.a. auf Elemente der Entwicklungstheorie von Jean Piaget und geht grundsätzlich davon aus, dass chronisch depressive Patienten – z.B. in Folge wiederkehrender negativer Vorerfahrungen mit ihren Mitmenschen  – langfristig die Fähigkeit verlieren, die Perspektive anderer Menschen einzunehmen bzw. sich in diese hineinzuversetzen.

Dadurch fällt es den Betroffenen im Alltag sehr schwer, die Wirkung ihres Verhaltens (also ihren kurz- und langfristigen Effekt) auf ihre Mitmenschen nachzuvollziehen. Zudem können Betroffene in Folge ihrer langjährigen Erkrankung oft nur noch auf wenige effektive Problemlösestrategien im Alltag zurückgreifen und stoßen dadurch im Alltag oft auf Hindernisse und Schwierigkeiten. Dadurch erleben sie ihr eigenes Verhalten (z.B. Problem- oder Konfliktlösefähigkeiten) zunehmend als wirkungslos und verlieren ihre Selbstwirksamkeitserwartung. Da betroffene Menschen in Folge soziale Interaktionen zunehmend als unbefriedigend wahrnehmen, ziehen sie sich oft sozial zurück oder verlieren ihr Interesse am Sozialkontakt völlig. Sie erleben dadurch immer weniger zufriedenstellende Interaktionen zu anderen Menschen und verlieren so die Möglichkeit, negative Vorerfahrungen und Einstellungen langfristig zu korrigieren.

All diese Aspekte und insbesondere die schwerwiegende Symptomatik chronisch depressiver Klienten werden in der CBASP-basierten Psychotherapie auf besondere Weise berücksichtigt. So ist CBASP an die oft eingeschränkte Belastbarkeit der Klienten angepasst, d.h. es wird auf leicht verständliche, konkrete und praktische Interventionen in der Behandlung und gut durchführbare Aufgaben außerhalb der Therapie zurückgegriffen:

  • Mithilfe der Liste bedeutsamer Bezugspersonen (Significant Others History – SOH) erfahren Patienten mehr über ihre individuelle Prägung durch nahestehende Bezugspersonen und / oder Familienmitglieder, sie erfahren mehr über den Einfluss dieser Personen auf ihr eigenes Selbstbild und damit ihre eigenen Grundüberzeugungen. Dadurch lassen sich im weiteren Verlauf auch Hypothesen ableiten, was Betroffene heute im Kontakt mit anderen Menschen grundsätzlich erwarten (z.B. „nicht ernst genommen zu werden“ oder „sich beweisen zu müssen“).
  • Durch  wiederholte Situationsanalysen (Situational Analysis) lernen die Patienten, ob sie – bedingt durch ihre Überzeugungen – soziale Situationen möglicherweise wiederholt fehlinterpretieren und in Folge Verhaltensstrategien einsetzen, die letztlich nicht zum gewünschten Ergebnis führen. So erfahren Patienten sehr anschaulich und auf konkrete Problemsituationen bezogen, ob ihre Interpretationen und ihr Verhalten letztlich zum gewünschten Ergebnis in diesen Situationen führen. Durch situationsbezogene therapeutische Arbeit an diesen problematischen Interpretationen lernen die Patienten, diese Situationen angemessener und hilfreicher zu interpretieren, ihr Verhalten entsprechend anzupassen und diese Problemsituationen immer öfter zu ihrer eigenen Zufriedenheit zu lösen. So erlangen Patienten bei wiederholter Übung ihre Selbstwirksamkeitserwartung sukzessive zurück.
  • Eine Besonderheit zur kognitiven Verhaltenstherapie stellt die Möglichkeit zur (gemäßigten) persönliche Rückmeldung des Therapeuten gegenüber dem Klienten in der CBASP-basierten Therapie dar, dies wird als disciplined personal Involvement bezeichnet. Hintergrund ist die Annahme, dass chronisch depressive Menschen ihr Problemerleben und -verhalten wahrscheinlich auch in der Therapiesituation bzw. gegenüber dem Therapeuten zeigen werden und aus ihrem sozialen Umfeld nicht immer oder nur selten konkrete Rückmeldung zu ihrem Verhalten erhalten. Der Therapeut ist dadurch in der Lage, quasi als Modell repräsentativ für das Umfeld des Klienten in einem angemessenen Rahmen persönliche Rückmeldung zu geben. Dadurch wird dem Patienten ein Perspektivenwechsel ermöglicht und er erfährt mehr über die tatsächliche Wirkung seines Verhaltens auf sein Umfeld.
  • Eine weitere wichtige Intervention sind interpersonelle Diskriminationsübungen (Interpersonal Discrimination Exercise, IDE). Diese helfen dem Klienten, die problematischen Interpretationen des Verhaltens anderer im Alltag zunehmend wahrzunehmen und langfristig zu verändern.

Durch seine Konzeptionalisierung ist CBASP speziell auf die Therapie chronisch depressiver Klienten ausgerichtet. Klienten lernen während ihrer Behandlung, wieder die Konsequenzen ihres eigenen Verhaltens zu erkennen, sich in die Perspektive anderer hineinzuversetzen, gewinnen verlorene Problem- bzw. Konfliktlösefertigkeiten zurück oder erlernen neue hinzu. So entwickelt sich bei den Klienten wieder grundbasale soziale Kompetenzen wie Empathie, die Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung oder das eigene Recht durchzusetzen und sie gewinnen ihr Selbstvertrauen zurück. Erreichen Patienten durch CBASP im Alltag wieder ein gutes Funktionsniveau, so kann die Behandlung im weiteren Verlauf auch bei Bedarf durch abstraktere Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie der Depression (z.B. nach A. Beck) ergänzt bzw. erweitert werden. Ergänzend zur kognitiven Verhaltenstherapie biete ich in meiner Praxis bei entsprechender Indikation auch Elemente des CBASP als Therapiemaßnahme an.

Weitere Informationen (in englischer Sprache):  http://www.cbasp.org