Angststörungen – ein Überblick
Angststörungen (oder auch neurotische Störungen genannt) gehören zu den mit am häufigsten auftretenden psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung. Je nach Literatur wird das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Angststörung zu erkranken, mit 10 – 15 Prozent angegeben. Unter der Kategorie Angststörungen werden einzelne Störungsbilder z.B. wie die generalisierte Angststörung, die Panikstörung, die Agoraphobie, die spezifische Phobie oder die soziale Phobie zusammengefasst. Das Ersterkrankungsalter liegt typischerweise zwischen dem 15. und 30 Lebensjahr, Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Häufig treten Angststörungen auch in Kombination mit anderen Störungsbildern, wie der Depression, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch sowie anderen Angststörungen auf. Begingt durch eine Angststörung kommt es häufig zu hohen Funktionseinschränkungen im Alltag, Beruf, Familie und Partnerschaft. Allen diesen Störungen gemein ist, dass diese sich im Erleben und Verhalten erheblich von vorübergehenden Furcht oder kurzfristigen Anspannungszuständen während einer zeitlich begrenzten Belastungsphase unterscheiden.
Psychische & körperliche Symptomatik der einzelnen Störungsbilder
Eine Angststörung kann sich bei Betroffenen durch viele unterschiedliche psychische und körperliche Symptome äußern. Oft steht nicht nur das subjektive Gefühl von Angst im Vordergrund, denn betroffene Menschen erleben häufig auch körperliche Begleiterscheinungen. Angst ist ein Gefühl, das den Körper aktiviert, denn eigentlich soll die körperliche Bereitschaft, Gefahren der Umwelt durch Flucht oder Kampf entgegenzutreten, uns schützen. Treten jedoch körperliche Begleiterscheinungen von Angststörungen wie Herzrasen, Schwitzen, schwere Beine, Schwindel oder Druck auf der Brust vermehrt auf, befürchten Betroffene zunächst eine körperliche Erkrankung. Daher werden Angststörungen oft nicht sofort diagnostiziert oder bleiben lange unentdeckt. Obwohl alle Angststörung im allgemeinen als Symptome eine hohe Grundanspannung und katastrophisierendes Denken gemeinsam haben, unterscheiden sich die verschiedenen Störungsbilder vor allem hinsichtlich Auslöser und Intensität der Angst:
Bei der generalisierten Angststörung steht vor allem eine lang anhaltende Angst, die nicht nur auf bestimmte Situationen oder Objekte begrenzt ist, im Vordergrund. Die Angst kann sich auf verschiedene Lebensumstände, Alltagssituationen oder gesellschaftliche Ereignisse beziehen und Betroffene machen sich oft übertriebene Sorgen vor Unfällen, Risiken, Schicksalsschlägen bis hin zu globalen Katastrophen. Die Angst tritt über Monate oder Jahre hinweg immer wieder auf und Betroffene können sich meist nur kurzfristig von dieser Angst ablenken oder distanzieren.
Die Panikstörung ist durch wiederkehrende Panikattacken im Alltag gekennzeichnet. Eine Panikattacke ist eine rapide ansteigende Angst, die sich innerhalb von Minuten aufbaut und aufgrund der im Körper ablaufenden extrem hohen geistigen und körperlichen Aktivierung neben den psychischen Symptomen wie starkes Angstempfinden bis hin zur Todesangst diverse zentralnervöse und vegetative Begleiterscheinungen wie Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Zittern, Schwitzen oder Übelkeit mit sich bringt. Da der Körper in dieser Zeit massiv unter Stress steht und die körperlichen Ressourcen (z.B. Blutzuckerverbrauch) überbeansprucht werden, ist die zeitliche Dauer zwar auf Minuten begrenzt, Patienten leiden jedoch im weiteren Verlauf vor allem unter der Angst vor weiteren Angstattacken – der „Angst vor der Angst“. Diese ist meist allgegenwärtig und wird als besonders belastend erlebt. Grundsätzlich kann zwar jeder Mensch in (lebens)bedrohlichen Situationen eine Panikattacke erleiden, aber bei betroffenen Menschen treten diese aufgrund ihrer hohen Grundanspannung häufig wiederholt in alltäglichen Situationen und dann urplötzlich auf.
Weitere Angststörungen sind beispielsweise die poststraumatische Belastungsstörung als Folge eines oder mehrerer traumatisierender Ereignisse (z.B. Umweltkatastrophen, Unfälle oder Gewalt), in der betroffen Menschen in alltäglichen Situationen durch Assoziation und Erinnerung an das traumatische Erlebnis (Flashbacks) starke Angst und Unsicherheit bis hin zur Panikattacke erleben.
Bei der hypochondrischen Störung (oder auch Körpersymptomstörung, Krankheitsangststörung) entwickeln Patienten starke Angst vor (meist lebensbedrohlichen) Erkrankungen. Bei Betroffenen können auch tatsächlich körperliche Symptome oder Veränderungen vorliegen, die als bedrohlich bewertet werden und durch ärztliche Abklärung nicht vollständig entkräftet oder erklärt werden können. Meist ergibt sich aus medizinischer Sicht jedoch kein (ausreichender) organischer Befund.
Als Phobien werden Angststörungen bezeichnet, deren Hauptmerkmal eine eigentlich unbegründete Angst vor bestimmten Gegenständen, Lebewesen oder Situationen darstellt. Unterschieden werden können beispielsweise Agoraphobie, spezifische Phobie oder soziale Phobie:
Bei der Agoraphobie empfinden betroffene Menschen Angst vor bestimmten Situationen oder Orten, in denen für sie keine unmittelbare „Fluchtmöglichkeit“ besteht, so beispielsweise öffentliche Plätze, Reisen mit Verkehrsmitteln wie Bus oder Bahn, große Menschenmengen oder auch große Entfernungen von Zuhause. Die Angst tritt dann vermehrt auf, wenn sich Betroffene außerhalb ihrer gewohnten Umgebung aufhalten und daher vermeiden Betroffene früher oder später die entsprechenden Situationen, um im Alltag zumindest zeitweise angstfrei leben zu können. Dies schränkt sie jedoch massiv ein und im schlimmsten Fall können betroffene Menschen ihr Zuhause nicht mehr ohne die Unterstützung von Angehörigen verlassen. Eine Agoraphobie tritt häufig in Kombination mit einer Panikstörung auf.
Bei der spezifischen Phobie sind starke Ängste meist nur auf ein einzelnes Objekt oder einzelne Situation begrenzt. Einige Beispiele für spezifische Phobien sind Arachnophobie (Angst vor Spinnen), Klaustrophobie (Angst vor geschlossenen Räumen), Achluophobie (Angst vor der Dunkelheit), Akrophobie (Angst vor Höhe), Aviophobie (Flugangst) oder Pathophobie (Angst vor Ansteckung mit Krankheitserregern). Meist werden diese Phobien vor allem dann für Betroffene zum Problem, wenn sie im Alltag bedingt durch ihre Lebensumstände immer wieder mit diesen Situationen oder Objekten in Kontakt geraten. Während z.B. ausgeprägte Angst vor Schlangen wegen der geringen Verbreitung in unserer geografischen Lage meist im Alltag für Betroffene nicht besonders alltagsrelevant sind, können die Angst vor Höhe, vor geschlossenen Räumen oder vor Hunden oder Insekten für Betroffene sehr belastend sein, insbesondere wenn betroffene Menschen durch ihr Vermeidungsverhalten im Alltag große Einschränkungen erdulden müssen.
Menschen, die unter einer sozialen Phobie leiden, haben anhaltende und starke Angst vor sozialen Situationen, in denen der Betroffene im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer Personen steht. Meist ist die Angst vor allem im Kontakt mit für sie fremden Personen besonders ausgeprägt. Betroffene befürchten, aufgrund ihres Verhaltens von anderen Menschen negativ bewertet oder kritisiert zu werden und die soziale Phobie geht dabei weit über eine normale Schüchternheit hinaus und tritt häufig auch in Verbindung mit niedrigem Selbstwert auf. Hier wissen Betroffene außerhalb der für sie bedrohlichen meist selbst, dass ihre Ängste übertrieben und unberechtigt sind. In den Problemsituationen bewerten Betroffene jedoch ihre Angst als Beweis für eine reale Bedrohung. Durch die starke Aktivierung des Körpers in den angstauslösenden Situationen kommt es zudem bei betroffenen Menschen zu Zittern, Erröten, Schwindel oder Harndrang. Typische Problemsituationen für Betroffene sind das Sprechen, Essen, Schreiben vor anderen Personen und nicht selten werden diese Situationen von betroffenen Menschen sukzessive vermieden und Betroffene dadurch sozial isoliert.
Auslöser, Aufrechterhaltung & Auswirkungen
Die Auslöser einer Angststörung können sehr unterschiedlich sein und es gibt viele verschiedene biologische, medizinische und psychologische Theorien zur Entstehung und Aufrechterhaltung der einzelnen Störungsbilder – je nach individueller Lebenssituation. Daher seien hier nur einige mögliche auslösende und aufrechterhaltende Faktoren genannt. Faktoren, die hohe Grundanspannung fördern, können beispielsweise anhaltende berufliche und private Belastungen, negativer Stress bei gleichzeitig fehlenden Bewältigungsstrategien, Übertreten von Leistungsgrenzen oder übermäßige Verantwortungsübernahme sein. Weitere auslösende Bedingungen für eine Angststörung können ungünstige Prägungen im Kindes- und Jugendalter (z.B. überbehütender Erziehungsstil oder ängstliche Persönlichkeit eines Elternteils) sowie traumatische oder negative Vorerfahrungen sein. Ein bedeutsamer Faktor liegt möglicherweise auch in den sich verändernden Lebensbedingungen der Menschen begründet. Ursprünglich für uns angstauslösende Reize wie Umweltgefahren, wilde Tiere oder feindselige Zeitgenossen besitzen heute fast keinen Stellenwert mehr – an die Stelle der existentiellen Gefahren in der westlichen Welt treten heute vor allem Bedrohungen der Lebenszufriedenheit, Zukunftsperspektive, Gesundheut, materielle Versorgung und der Selbstverwirklichung. So können im Alltag sehr viele Situationen zum potentiellen Angstauslöser werden.
Als aufrechterhaltende Faktoren können für Angststörungen beispielsweise Sekundärangst und Vermeidungsverhalten und damit das Ausbleiben von neuen Erfahrungen, fehlende Anreize zur Neu- bzw. Umbewertung der Angst, wiederkehrende katastrophisierende Gedanken und Überzeugungen oder das Verweilen in belastenden Lebensbedingungen gelten.
Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Phobien kann u.a. als Erklärung das lerntheoretische Zwei-Faktoren-Modell der Angst von O. H. Mowrer (1947) herangezogen werden. Dabei ist zunächst die klassische Konditionierung für das Lernen der Angst ursächlich, indem Angst erstmals in einer belastenden Situation auftritt und so im Gedächtnis verankert bleibt. Durch Vermeidung der angstauslösenden Situationen oder Objekte erfolgt dann in einem zweiten Schritt eine operante Konditionierung, d.h. durch Vermeidung kann der Organismus die Angst zwar kurzfristig reduzieren – die Interpretation der Situation als bedrohlich festigt sich jedoch- und damit auch die Angststörung selbst. Andere Faktoren können beispielsweise übermäßige Selbstkritik und ein gering ausgeprägter Selbstwert (bei der sozialen Phobie) oder unzureichendes Wissen bzw. widersprüchliche Informationen über tatsächliche Gefahren (bei der spezifischen Phobie) sein.
Die Folgen einer Angststörung sind für betroffen Menschen häufig sehr gravierend. Oft gehen Angststörungen zunehmend mit dem Verlust von Mobilität, Freiräumen, Handlungsspielraum und Lebenszufriedenheit einher, begünstigen soziale Isolation und Selbstwertverlust und damit auch die Entstehung weiterer psychischer Erkrankungen. Betroffene sind nicht selten bei der Bewältigung ihres Alltags auf die Unterstützung von Familienmitgliedern und anderen Bezugspersonen angewiesen. Da Angst ein für Menschen sehr aversives Gefühl ist, fällt es zudem betroffenen Menschen sehr schwer, sich aus eigenem Antrieb den angstauslösenden Situationen zu stellen, um sich auf diese Weise an die Situationen zu gewöhnen. Vielfach leben Betroffene bereits mehrere Jahre mit der Störung, bis sie professionelle Hilfe aufsuchen, sich ihre Erkrankung eingestehen oder die Angststörung durch einen Facharzt oder Psychologen erstmalig diagnostiziert wird.
Diplom-Psychologe Andreas Behnke
Psychologischer Psychotherapeut (VT) aus Bad Soden am Taunus
Diagnostik & Psychotherapie von Angststörungen
Besteht bei Ihnen der Verdacht auf eine Angststörung, so können Sie gerne zur Abklärung einen Termin für eine Sprechstunde in meiner Praxis vereinbaren. Anhand einem persönlichen Kennenlerngespräch und klinischer Diagnostik kann ich prüfen, ob und an welcher Form einer Angststörung Sie erkrankt sind, bei Bedarf eine entsprechende Diagnose stellen und mit Ihnen zusammen geeignete Therapiemaßnahmen planen.
Hinweis: Frei verfügbare Selbst- bzw. Schnelldiagnosetests aus Zeitschriften, Magazinen oder dem Internet sind häufig sehr allgemein gefasst und berücksichtigen daher oft nicht alle Symptome oder Ihre individuellen Lebensumstände.
Ich behandle bereits seit mehreren Jahren Patienten mit Angststörungen oder Phobien. Als Psychotherapeut mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie arbeite ich in meiner Praxis vor allem symptomorientiert und setze im meiner Behandlung direkt an der Veränderung des Problemverhaltens an. Ich vermittle Ihnen alle nötigen Information zum Störungsbild und unterstütze Sie dabei, Ängste durch Realitätsüberprüfung gezielt zu hinterfragen und für Sie bedrohliche Situationen und Objekte neu zu bewerten. Gemeinsam mit Ihnen identifiziere ich wiederkehrende und ungünstige Gedanken und erarbeite zusammen mit Ihnen alternative Betrachtungsweisen. In der Behandlung erarbeite ich mit Ihnen Methoden und Übungen, um Ihre Grundanspannung systematisch zu senken und vermittle Ihnen ergänzend Entspannungsverfahren. Durch Expositionsübungen helfe ich Ihnen, angstauslösende Situationen wieder aufsuchen und sich in diesen wieder angstfrei bewegen zu können. Dadurch können Sie verlorengegangene Freiräume wieder dauerhaft zurückgewinnen.
Weiterführende Informationen zur Angststörungen:
Techniken in der Verhaltenstherapie: Exposition
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Über die Praxis
Praxis für Psychotherapie, Diplom-Psychologe Andreas Behnke, Psychologischer Psychotherapeut.
Kognitive Verhaltenstherapie (Einzel) für Erwachsene, Termine nach Vereinbarung. Coaching sowie Paarberatung auf Anfrage.
Lage & Telefonische Erreichbarkeit
Meine Praxis befindet sich in zentraler Lage von Bad Soden am Taunus. Die telefonischen Sprechzeiten meiner Praxis sind:
– Montags von 16 – 18 Uhr sowie
– Dienstags und Donnerstags von 08 – 10 Uhr